Der erste Monat

Die ersten vier Wochen sind rum und ich habe nun eine Idee, wie das kommende Jahr aussehen könnte.

Zu allererst aber noch ein paar Fakten drumherum. Wir sind vier Freiwillige aus Deutschland, die hier in Kapstadt ein Jahr in der New World Foundation in Lavander Hill aushelfen. Wir vier sind aus zwei verschiedenen Organisationen ausgesendet worden, Johann und ich von der VEM, von der auch dieser Blog ist, Felix und Emanuela (kurz Ema) von der ZMÖ (Zentrum für Mission und Ökumene).

Unsere Wohnung

Wir sollten eigentlich zu viert in einer WG leben, aber da im Frühjahr 2018 ein Überfall auf die Farm war, das ist das Central Office der New World Foundation am Rand von Lavander Hill, konnten die Freiwilligen letztes Jahr (2018/2019) Leonie, Jan und Jacky nicht dort wohnen. Deshalb hatten sie eine Wohnung in Muizenberg mit drei Zimmern. Da sie nur drei waren, konnten wir nicht in deren Wohnung ziehen. Erst sollten wir in ein Haus, ebenfalls in Muizenberg, ziehen, da das aber nasse Wände hatte und deshalb nicht bewohnbar war, musste eine andere Wohnmöglichkeit gefunden werden. Nun wohnen wir in einer Gated Community, das ist ein Wohnungskomplex mit mehren zweistöckigen Wohnungsblöcken. Die ganze Einrichtung ist mit Mauern und darauf elektrischen Stacheldraht umgeben. Wenn man in den Wohnungskomplex eintreten möchte, muss man sich bei einer Schranke anmelden, die Wächter scannen das Kennzeichen von dem Auto ab und machen die Schranke auf. Wenn man wie wir dort wohnt hat man einen Schrankenöffner am Schlüsselbund. Somit werden Einbrüche oder schlimmeres größtenteils verhindert. In diesem Wohnungskomplex haben wir zwei Wohnungen, Felix und Johann haben die größere Wohnung weiter vorne, mit einem Wohn- und Esszimmer angrenzend an die Küche und einem Balkon. Ema und ich müssen ungefähr fünf Minuten weiter nach hinten laufen und noch eine Schranke passieren, um zu unserer kleineren Wohnung zu gelangen. Diese hat nur ein extra Zimmer, in dem Ema wohnt und mein Zimmer ist quasi das Wohnzimmer, das direkt in die Küche angrenzt. Es ist durch meinen Kleiderschrank gut abgegrenzt, trotzdem ist der Raum durch die Größe kühler und halliger. Unsere Fenster am Gang und die Tür sind mit einem Gitter versehen, das man aufschließen muss, damit nichts passiert. Da wir oft lüften und die Fenster sehr dünn sind, findet man auf unseren Fensterbänken kleine Vicher wieder, diese sind aber keine Spinnen oder anderes ekliges Kleingetier, weshalb sie mich nicht so dolle stören. Die Wände hier sind sehr dünn, weshalb man freitagabends immer die Kinder aus der Community bis spät abends beim Fußballspielen hören kann, die Gospelchorprobe 10 Wohnungen weiter live miterlebt, den Wind pfeifen hört, denn es ist hier sehr windig, die Sportfanatiker beim Schreien hört und einfach mitbekommt, dass hier auch noch andere Menschen wohnen. Dies finde ich persönlich sehr schön, weil die Kinder am Wochenende immer draußen sind und spielen, Grillpartys im öffentlichen Garten stattfinden und die Nachbarn einfach präsent sind, was ein schöner Austausch werden kann. Weshalb wir am ersten Morgen auch schon unsere Nachbarin und ihre drei Kinder kennengelernt haben, die in der Wohnung neben uns mit ihren Kindern und ihrem Mann wohnt. Sie musste uns erklären, wie man das warme Wasser einstellt, weil wir es nicht verstanden hatten. Dieses muss man ein bis zwei Stunden vorher durch einen Knopf erhitzen, heißt ich stehe um fünf Uhr auf, schalte den Geyzer an, damit ich um 7:30 Uhr eine warme Dusche nehmen kann. Danach gehe ich dann wieder ins Bett und man gewöhnt sich schnell an die Minute, die einem beim Schlafen verloren geht,immerhin habe ich warmes Wasser und eine Dusche.

Da in Kapstadt gerade Winter ist sind es in der Nacht 5 Grad Celsius und am Tag ungefähr 15 Grad Celsius. Dies klingt jetzt nicht so kalt, es kommt aber der kalte Wind dazu, der in Muizenberg heftig weht. Das wäre immer noch kein Problem, wenn die Innenräume angenehm warm wären und man sich somit wirklich mal aufwärmen könnte,wie in Deutschland. Dies ist aber nicht der Fall, da weder unsere Wohnung noch die New World Foundation eine Heizung hat. Deshalb ist es in den Räumlichkeiten fast genauso kalt, wie draußen, weshalb man immer kalte Füße und Hände trotz Pulli und Jacke hat und man sich außer bei einer warmen Dusche nicht wirklich aufwärmen kann. Ein guter Mittelweg ist meine Wärmflasche, die mir meine Mutter extra genäht hat, denn mit der im Bett ist es wenigstens beim Schlafen angenehm warm. Es fühlt sich an wie beim Zelten, denn es ist morgens um sieben auch schon hell im Zimmer.

Aber andere Länder andere Sitten.

Sightseeing mit den anderen alten Freiwilligen

Da wir neu und sehr desorientiert in Kapstadt rumgeirrt sind, haben uns die drei alten Freiwilligen netterweise zu deren Aktivitäten mitgenommen, weshalb ich schon unglaublich viel in der ersten Woche gesehen habe und mittlerweile einen kleinen Plan von allem bekomme.

Am ersten Tag ist Jan mit uns einkaufen gefahren und er hat uns sehr ausgelacht, wie desorientiert wir in diesem Einkaufsladen waren, da die Einkaufsländen stark an welche in der USA erinnern.

Abends waren wir in der Blue Bird Garage, dort kann man viele südafrikanische Spezialitäten essen, aber auch exotischeres Zeug, wie vegane Kost. In diesem Markt ist mir zum ersten Mal aufgefallen, wie nett und lustig die Südafrikaner doch sind.

Wir haben auch schon die Longstreet in der Stadt, die Umgebung und die Waterfront, einem Einkaufszentrum mit ausgebauten Hafenblick mit teuren Restaurants besichtigt.

Am ersten Sonntag hat mich Leonie in eine sehr deutsch und missionarisch angehauchte Kirche mitgenommen. Es war eine schöne Erfahrung, da ich mit offnen Armen empfangen wurde und es ein sehr ähnlicher Gottesdienst zu einer deutschen Kirche war, aber trotzdem viele Unterschiede mit sich brachte. Danach sind Felix, Ema und ich mit Jacky in die Hillsong Church gegangen. Dies war auch eine sehr krasse Erfahrung, da ungefähr 600 gläubige Menschen, weiß, schwarz und colored in einem alten Club Jesus feiern und das Gefühl einfach atemberaubend war. Am Nachmittag sind wir zu Colleen, Marius‘ Frau, ein Kollege von uns, Familie zu einem Geburtstag eingeladen worden, wo wir ein langes und lustiges Gespräch mit Colleens Neffe und Nichte über Rassismus in Deutschland und hier, über Glaube, Himmel und Hölle und weitere Themen hatten. Dort habe ich auch das erste Mal südafrikanische Rooibos Tee getrunken und durfte einen in der Hälfte geteilten süßen Muffin mit Butter und Streukäse und Milkcake (Milch-Kuchen), ein käsekuchenartiger Kuchen mit Blätterteig, essen. Es hat alles sehr gut geschmeckt.

Wir haben mit Jan einen Zero-Waist Markt, genannt Earth-Fair-Market, besucht. Danach konnten wir noch den wunderschönen Blick auf Kapstadt bei Nacht genießen.

Wir haben den Parkrun samstags um acht Uhr, fünf Kilometer joggen, mitgemacht. Danach sind wir auf die Muizenberg Mountains gewandert um die Aussicht zu genießen. Ich konnte schon den Strand und das kalte Wasser, was so nah bei uns ist, dass wir es zufuß erreichen können, besuchen und Leonie hat mich eines abends nach dem einkaufen auf den Signal Hill genommen, wo man ebenfalls einen tollen Nachtblick auf die Stadt hat.

Außerdem konnten wir schon die rote Bus Tour machen, das ist eine Sightseeing Tour und den Tafelberg besichtigen, wo wir erst hoch wandern wollten, da Ema und ich aber so schlapp waren, dass ich es für zu gefährlich hielt es zu versuchen, sind wir dann doch hochgefahren.

Felix, Johann und ich sind mit Marius Auto fahren gegangen, da man sich erstmal an den Linksverkehr gewöhnen muss. Weil ich die längste Fahrerfahrung habe, durfte ich anfangen. Außer der Umgewöhnung von einem Diesel zu einem Benziner und einem weitaus kleinerem Auto, da ich vorher einen Neun-Sitzer VW-Bus gefahren bin, ging das Fahren auf der linken Seite schneller als gedacht, da das Lenkrad auf der anderen Seite ist und es sich komischer anfühlt mit dem Lenkrad an dem Bürgersteig zu fahren, als auf der linken Seite zu fahren.

Im Gesamten bin ich sehr glücklich hier und freue ich auf weitere elf Monate.

One Responses

  • Wilfried Viebahn

    Hallo Naomi, ich war b. Besuch unserer VEM-Gruppe am 23.10. dabei. Ich habe jetzt nach unserer Rückkehr nach (dem gemütlichen) Deutschland unserer Whatsapp-Gruppe deine Berichte empfohlen: “Habe jetzt angefangen, d. Berichte v. Naomi v. New World Foundation (letzter Tag) zu lesen – sehr anschaulich: https://2019-2020.vem-freiwillige.de/naomi/2019/09/der-erste-monat/“
    Ich wünsche dir und euch allen weiter alles Gute und viel Erfolg!

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