Ende März habe ich im Blog erzählt, dass ich wieder nach Deutschland zurück muss. Manche haben mir zurückgemeldet, dass dieser Eintrag sehr traurig klang. Das war ich ja auch. Ich konnte es einfach nicht wahrhaben. Ich kann die Entscheidung verstehen, fand es aber trotzdem blöd, ungerecht und traurig. Kopf und Bauch können da ja auch auseinander gehen.
Und seitdem wurde ich immer wieder gefragt und werde es auch noch: „Bist du gut wieder in Deutschland angekommen?“. Spannende Frage. Wann ist man denn irgendwo angekommen? Was braucht es dafür, um die Frage mit „ja“ zu beantworten? Und unter welchem Aspekt ist diese Frage zu beleuchten? Mit dem Flug hat alles super funktioniert und ich bin problemlos gelandet, wurde abgeholt und bin gut in Herford angekommen. Darauf zielte die Frage aber sicherlich selten ab.
Am Anfang meiner Zeit zurück in Deutschland durfte ich quasi nicht raus. Für 2 Wochen sollte ich zu Hause bleiben und niemanden treffen. Dort sah fast alles genauso wie vorher aus. Da ich aber nicht durch die Stadt laufen oder Freund*innen treffen konnte, woran sollte ich merken, ob ich gut angekommen bin? Kontakte waren weiterhin über sämtliche Internetdienste möglich – wie auch in den letzten Monaten. Meine Gedanken waren erstaunlicherweise sehr wenig in Tanzania. Das spricht vielleicht für ein schnelles ankommen? Viel mehr im Hier und Jetzt. Und ich wusste schon die ganze Zeit, dass das ein Schutz ist. An meine Freundschaften in der Ferne zu denken hätte mich traurig gemacht. Ich kann sie nicht so bald wiedersehen, Zeit mit ihnen verbringen, gemeinsam etwas unternehmen. Und ich hatte große Angst davor, dass trotz viel Bemühung der Kontakt anders und schlechter sein würde. Es kann nicht das gleiche bleiben. Ich war also einfach in Herford und habe mich zunächst um formelles gekümmert, was so anstand. Antrag für die Krankenversicherung, Antrag auf Arbeitslosengeld, Wohnung suchen, etc.
Irgendwann hatte ich alles wichtige erledigt und dann kam ein kleines Loch. Ich bin zurück. Ich darf nicht raus. Und ich habe keinen Inhalt, der meinen Alltag füllt. Wofür stehe ich am Morgen auf, wenn der nächste „Programmpunkt“ wieder ins Bett gehen ist? Was soll ich nur anstellen? Und gleichzeitig habe ich mich, obwohl ich es physisch nicht war, allein gefühlt und hatte keine Lust mit Menschen zu telefonieren und digitale Zeit mit ihnen zu verbringen. So ging es sicherlich vielen Menschen in dieser Ausnahmesituation. Irgendwann konnte ich meine Zeit etwas besser füllen, habe viel gepuzzelt, einen Baum aus und woanders wieder eingebuddelt, Wände tapeziert und anderes.
Seit dem 1. Mai wohne ich nun wieder in Dortmund. Ich bin hier ins Volunteershouse gezogen – einem Projekt des Kirchenkreises Dortmund, in dem eigentlich einige Süd-Nord-Freiwillige wohnen. In diesem Jahr ist leider auch das anders. Zur Zeit wohne ich zusammen mit Carol, einer Freiwilligen aus Indien. Wie sich das weiter entwickeln wird, wird sich zeigen. Über diesen Link könnt ihr den Blog des Hauses verfolgen, falls es euch interessiert: https://volunteers.ev-kirche-dortmund.de/blog/.
Seitdem ich umgezogen bin, geht es mir jedenfalls wieder besser. Ich konnte meine Kisten auspacken und muss nicht mehr alles darin suchen und schnell zurück räumen. Ich habe meinen eigenen Raum, entscheide selbst was und wann ich einkaufe und esse. Ich habe meine Selbstständigkeit zurück. Nun habe ich schon das Gefühl, dass ich angekommen bin.
Und auch der Arbeitsalltag rückt näher. Ab Mitte Juni werde ich anfangen als Elternzeitvertretung in Dortmund zu arbeiten. Ich freue mich sehr auf diese Aufgabe. Und ich bin extrem dankbar über das Privileg während meiner Arbeitslosigkeit staatlich unterstützt worden zu sein und so leicht einen neuen Job gefunden zu haben – und das Ganze trotz Corona-Pandemie.
Meine Kontakte, die ich in Tansania geknüpft habe, sind zunächst eingefroren. Bisher bestand der Kontakt daraus, dass wir uns getroffen und Zeit miteinander verbracht haben. Durch die Entfernung ist das natürlich anders. Mittlerweile denke ich aber sehr viel an sie, schreibe über Whatsapp mit ihnen und erinnere mich an besondere Situationen zurück. Wir tauschen Fotos aus und telefonieren mal per Video-Anruf. Vielleicht habe ich ja irgendwann nochmal die Möglichkeit sie in echt wiederzusehen und an das anzuknüpfen, was nun abgebrochen werden müsste. Ich würde mich riesig freuen.
Ich habe viel erlebt – manches ist mir bewusst, anderes noch nicht. Mein Denken und Lernen geht immer weiter. Wenn ihr Rückmeldungen, Fragen oder Wünsche habt, dann meldet euch gern bei mir. Ich könnte auch versuchen einen Blogartikel zu einem Wunschthema zu verfassen. Ein paar Ideen hab ich auch noch – mal sehen wann die Themen hier auftauchen werden.
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