Viele Lieder, viele Filme, viele Bilder, die wir uns zu Weihnachten anhören, schauen oder ausmalen, zeigen uns den Traum einer weißen Weihnacht. Ein berühmtes Weihnachtslied geht sogar soweit, sich zu fragen, ob die Leute in Afrika denn überhaupt wissen, dass Weihnachten ist, denn: „there won’t be snow in Africa this Christmas time“.
Eine ziemlich anmaßende Aussage, wie ich finde, wo auf dem Großteil unserer Erde, doch so gut wie nie Schnee zu Weihnachten fällt. In Australien, Peru, Brasilien, Chile, Botswana, Tansania, Ruanda, Indonesien… ist ein eher warmes bis heißes, grünes, verschwitztes oder verregnetes Weihnachten Realität.
Der Song trifft noch einige andere, für das westliche Weltbild übliche, stereotypisierende und vorurteilende Aussagen über Afrika. Und auch wenn der Song, der als Spendenaktion ins Leben gerufen wurde, mit seinen Verkäufen ohne Frage viel Gutes bewirkt hat, kann ich nur dazu anregen, sich in der nächsten Weihnachtszeit nicht von der eingehenden Melodie und der vorweihnachtlichen Gefühlslage einduseln zu lassen, sondern vielleicht ein zweites Mal hinzuhören – ich habe auch 22 Jahre gebraucht, bis mir diese Misstöne aufgefallen sind 😉
Ich weiß gar nicht, warum wir uns so sehr nach weißen Weihnachten sehnen und dieses Bild so sehr in unseren Köpfen verfestigt ist. Denn in meiner Heimatstadt Essen gab es die letzte richtige „Weiße Weihnacht“ vor genau 10 Jahren. Wir hatten also schon lange keine weißen Weihnachten mehr und der Klimawandel trägt sein übriges dazu bei, dass es voraussichtlich auch die nächsten Jahre keinen Schnee geben wird.
Dieses Jahr war mein Weihnachten auf jeden Fall alles andere als weiß und ich kann trotzdem sagen: „Yes they know it’s Christmas time!“
Genau wie in Deutschland waren viele Einkaufsläden schon Ende Oktober/Anfang November weihnachtlich geschmückt, es lief kitschige Weihnachtsmusik, wir hatten Zuhause einen Tannenbaum, viele Leute gingen in die Kirche und ein wahnsinniger Kaufwahn breitete sich mit den nahenden Festtagen aus.
Und trotzdem war vieles ganz anders als mein übliches Weihnachten in Deutschland und ich muss zugeben…so richtig weihnachtlich habe ich mich auch nicht gefühlt. Da Weihnachten in Botswana erst am 25.12 und nicht, wie in Deutschland üblich am Heiligen Abend gefeiert wurde, hatte ich mir mit Anna & Maya vorgenommen den 24.12 gemeinsam zu verbringen und unser eigenes Weihnachten zu feiern.
Dazu übernachteten wir alle gemeinsam am Vorabend bei Anna, da wir uns vorgenommen hatten, ganz früh am 24.12 auf den Kgale Hill zu steigen. Ein hoher, steiniger Berg direkt am Stadtrand von Gaborone. Schon um 5:00Uhr morgens klingelte unser Wecker, wir frühstückten, machten uns fertig und auf den Weg zum Kgale Hill. Dort angekommen begannen wir um 7:00Uhr unseren schweißtreibenden Aufstieg. Wir hatten Glück, dass es an diesem Morgen bewölkt war, sodass die heiße Sonne uns nicht allzu sehr zu schaffen machte. Da für mich normalerweise
gefühlsmäßig dann Weihnachten ist, wenn ich aus der Kirche komme und mir dieser Zeitpunkt nun fehlte, hatte ich auf dem Weg beschlossen, dass für mich dieses Jahr Weihnachten sein würde, wenn ich oben auf dem Hügel angekommen wäre. Nach einer Stunde Aufstieg, den wir teilweise laufen, teilweise klettern mussten, erreichten wir endlich den Gipfel des Hügels und die Aussicht war atemberaubend!
Lange hatte ich mich schon nicht mehr so frei und glücklich gefühlt, wie dort über Gaborone.
Man konnte die Stadt überblicken und wir versuchten gemeinsam den Standort unserer Häuser ungefähr auszumachen. Außerdem konnte man den Gaborone Damm sehen, den ich bisher leider noch nicht besucht hatte. Wir aßen unser mitgebrachtes Frühstück und genossen gemeinsam die tolle Aussicht. Natürlich durfte eine ausgiebige Foto-Session bei den tollen Motiven natürlich nicht fehlen. Nach einer halben Ewigkeit und wagemutigen Kletteraktionen meinerseits, machten wir uns auf den Rückweg. Dabei verirrten wir uns leider ein bisschen und die nun aufgestiegene Sonne und um die 37°C verhalfen mir zum Sonnenbrand des Jahres –
im Dezember!
Wieder unten angekommen, musste ich noch ein paar Weihnachtseinkäufe machen, da ich noch keine Geschenke besorgt hatte. Danach ging es zurück zu Anna, wo wir uns etwas ausruhten, schwitzten, Snacks aßen und Camp Rock 2 guckten. Gegen Spätnachmittag war es dann Zeit für mich zurück nach Hause zu fahren. Für abends war ich nämlich mit meiner Familie über Skype zur Bescherung verabredet.
Entgegen meiner Ängste, dass es irgendwie komisch sein würde aus der Ferne dabei zuzusehen, wie meine Familie gemeinsam feierte, war es einfach nur schön irgendwie dabei sein zu können. Meine kleine Nichte war die Geschenkefee und durfte auch das Geschenk für mich vor dem Laptop auspacken. Voller Begeisterung zeigte sie mir dieses und freute sich mit mir. Mein Weihnachts-Highlight war, als sie mich durch den Laptop hindurch mit Kaffee aus ihrer neuen Spiel-Kaffeemaschine und imaginärem Essen versorgte. Mit ihr zu spielen ohne, dass ich wirklich da war, war so schön!
Am 25.12 fuhr ich mit meiner Gastmama, ihrer Schwester und deren Tochter gemeinsam zu einer alte Freundin der beiden Schwestern, da ein gegenseitiger Besuch zu ihrer Weihnachtstradition gehört. Wir frühstückten gemeinsam, die Frauen quatschten lange miteinander und dann ging es nach einem Mittagessen auch schon wieder zurück nach Hause. Dort angekommen haben Sheila und ich noch unsere Geschenke ausgetauscht und ich habe mich riesig über ein schönes Kleid von ihr und einen Wäschesack von ihrer Schwester gefreut.
Auch wenn das Weihnachten dieses Jahr so ungewohnt und außergewöhnlich war und mir vor allem der Kirchbesuch gefehlt hat, war es etwas ganz Besonderes! Ich bin froh diese Erfahrung gemacht zu haben und werde die Erinnerungen, wie ich an Weihnachten mit Anna und Maya laut Musik auf dem Kgale Hill gehört habe, auf ewig in meinem Herzen behalten. Jetzt blicke ich voller Vorfreude auf das nächste Weihnachtsfest und bin schon gespannt, wie es sein wird, wieder im deutschen Vorweihnachtsstress zu stecken und am 1.Feiertag keinen Muskelkater vom Klettern zu haben.
Jetzt ist schon Neujahr und ich wünsche euch allen ein gesundes, gutes und gesegnetes Jahr 2020!
One Responses
Liebe Miri.
Danke für Deinen neuen Eintrag!
Ich finde, ein Jahr in einer anderen Kultur, in einem anderen Land zu leben, weit weg von Zuhause, das verändert die Perspektive und prägt einen fürs ganze Leben. Das spürt man bei Dir auch jetzt schon. Was Du über „Weiße Weihnachten“ schreibst, klingt sehr weise.
Du hast schon jetzt viel erlebt und nimmst es in Deinem Herzen mit.
Ich wünsche Dir auch ein ganz gesegnetes gesundes fröhliches neues Jahr!
Prima, gute Idee, Hanna bekommt meine Adresse, da freue ich mich.
Ganz liebe Grüße.