Endlich war es soweit: Der German Christmas Market in Kigali sollte an diesem Wochenende stattfinden! Hurra! Ich hatte mich so lange auf dieses Wochenende gefreut. Natürlich sind auch die „typisch ruandischen Erfahrungen“ viel wert, aber ein etwas deutscheres Wochenende, nach fast einem Viertel der Zeit, ist schon etwas anderes und der Mensch liebt bekanntlich ihm bekanntes. Wobei ich einen Weihnachtsmarkt noch nie am St. Martinswochenende gefeiert habe und schon gar nicht bei knappen 30 Grad im Schatten. So wurde es trotzdem etwas Neues und Einmaliges!
Bereits Anfang Oktober hatten wir an einem Vorbereitungstreffen in der Deutschen Botschaft teilgenommen, das sehr spannend war und die Vorfreude in mir aufkommen ließ. Richard, ein Advisor der VEM, der ebenfalls bei RDIS arbeitet und viele Jahre in Köln gelebt hat, übernahm die Vorbereitung und band mich mit ein. Knapp drei Wochen vor dem entscheidenden Wochenende, sollte ich einen Entwurf skizzieren, um ein Gestell fertigen zu lassen, auf dem wir einen verbesserten Kochofen und einen Keramik-Wasserfilter ausstellen können. Mit Hilfe von einem A4 Blatt Papier als Maßstabersatz, tobte ich mich kreativ aus und fertigte einen Entwurf an. Den gaben wir einem Gehörlosen Mitarbeiter in der hiesigen Holz- und Metallmanufaktur. Eine gute Woche später war das Exponat fertig!
In der finalen Woche vor dem Weihnachtsmarkt, backte ich über 100 Kekse, die Plätzchen sein sollten, jedoch aufgrund der „falschen Butter“ eine sehr viel weichere Konsistenz hatten. Ich verzierte sie mit dem Zuckergussschriftzug „VEM“. Sie sollten als Give Aways dienen, um Menschen in ein Gespräch über die VEM zu verwickeln. Zudem setzten Richard und ich die lange überfällige Idee um, einen allgemeinen Flyer über RDIS zu designen. Es gibt zwar schon Flyer über die einzelnen Projekte, doch ist es professioneller, erst einmal einen Überblick zu vermitteln, wer RDIS überhaupt ist und was das NGO macht. Das Gestalten und Zusammenstellen hat ebenfalls viel Spaß gemacht und so waren wir mit Drucken und Falten genau am Freitagmittag fertig, kurz bevor wir losfuhren.
Angekommen in Kigali, brachten wir unsere Materialien zu der Schule, neben der der Weihnachtsmarkt stattfinden sollte. Ein Zelt war bereits aufgebaut und Freiwillige waren dabei, Dekoration aufzuhängen. Weihnachtsbaumkugeln mit Kreppband an einer Mettallstange befestigt, bei schweißtreibenden Temperaturen haben leider trotzdem keine Weihnachtsstimmung in mir ausgelöst … 😉
Der Freitagabend sollte ebenfalls ein besonderer werden. Eine Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft hatte alle deutschen Freiwilligen und Entwicklungshelfer/innen zu sich nach Hause eingeladen und ich war sehr aufgeregt, auf einmal wieder so viele Deutsche zu treffen. Ich bezog einen Raum im Guesthouse direkt neben Janeks Wohnung und machte mich kurz fertig, bevor wir zwei uns aufmachten, um das uns beschriebene Haus zu suchen. Wir trafen uns schon bekannte Freiwillige wieder und lernten andere kennen. Nach den fast drei Monaten, in denen ich fast ausschließlich von Ruandesen und Ruandesinnen umgeben war, war es befreiend, wieder „die alte Hannah“ zu sein. Es ist eben doch etwas ganz anderes, sich auf der Muttersprache zu unterhalten, mit Menschen, mit denen man in einer ähnlichen Situation ist. Es war sofort eine andere Ebene erreicht und ich habe herzhaft gelacht. Im Nachhinein fiel mir auf, wie wenig ich hier im Alltag lache und so war es total angenehm, ein paar Stunden „Urlaub zu haben“, von den sonst sehr vielen, neuen Erlebnissen und Herausforderungen. Nicht missverstehen, ich bin auch super gerne in meinem kleinen Vorstadtdorf und froh, nicht in einer Großstadt leben zu müssen. Trotzdem war der Abend eine willkommene Abwechslung und eine schöne Einstimmung auf den Weihnachtsmarkt.
Am nächsten Morgen fuhren wir nach einem kleinen, aber leckeren Frühstücksbuffet los und bauten unseren Stand auf. Um 10.00 Uhr eröffnete der deutsche Botschafter den „German Christmas Market“ und das Blasensemble einer Privatschule spielte Jingle Bells und Stille Nacht. Es war ein wenig absurd, diese beiden, doch eher unpassenden Lieder zu hören, aber trotzdem total schön und mir war ein bisschen wehmütig. Das hielt jedoch nicht lange an, denn kurz darauf begann der Trubel, als der Botschafter zu unserem Stand kam und interessiert unsere Wasserfilter begutachtete und Flyer mitnahm.
Durch die VEM-Kekse und unseren Wasserfilter sprachen wir im Laufe des Tages viele Menschen an, beantworteten Fragen und tauschten Kontakte aus, um eine eventuell langfristige Zusammenarbeit einzugehen. Da ich mich als deutsche Freiwillige auch für die Betreuung anderer Stände eingetragen hatte, verbrachte ich den Samstagnachmittag mit Rike und Emma, zwei Freiwillige, die ich schon von unserem Kinyarwandasprachkurs kannte, im Kidscorner. Dort malten und bastelten wir mit Kindern unterschiedlichster Nationalitäten. Viele US Amerikanische Familien waren auf dem Markt, aber auch asiatische, schwedische und natürlich ruandische und deutsche. Während des Kinderprogramms blieb viel Zeit mit den beiden Mädels zu quatschen. Zwischendurch kam der Weihnachtsmann vorbei, der Schokolade und Lollies verteilte und in seinem Kostüm noch mehr, als wir schon ohne dicken Mantel, geschwitzt haben muss.
Im Anschluss besichtigten wir drei den Markt privat und bewunderten die schönen Handarbeiten. Natürlich weniger Stricksocken und Wollmützen als in Deutschland, dafür viele Kleider, Holzarbeiten, Karten und Bilder, sowie auch beispielsweise Duftöle und selbstgebrannten Schnaps. In der kulinarischen Ecke aßen wir einen Burger, der in Ruanda traditionell leider ohne Salat serviert wird und kauften uns Weckmänner zum Nachtisch – passend zum St. Martinswochenende.
Als es gegen 18.00 Uhr dunkel wurde und sich herausstellte, dass die Lampen die Zelte, durch immer wiederkehrende Stromausfälle nicht besonders zuverlässig ausleuchten konnten, brachten wir unsere Ausstellungsstücke wieder in einen Klassenraum. Bevor wir jedoch kaputt in unsere Betten fallen konnten (ich bin leider schon während der ersten Viertelstunde des Deutschlandspiels eingeschlafen), probierten wir noch den Glühwein, bzw. Punsch. Er schmeckte ganz wunderbar weihnachtlich und erinnerte mich total an den in Munster stattfindenden Lebendigen Adventskalender (jeden Abend im Dezember, bei dem wir viel Punsch schlürfen).
Am Punschstand übernahm ich am Sonntagmorgen die erste Schicht und genoss dabei den wunderbar weihnachtlichen Duft. Außer mir waren vier Erwachsene, die für mehrere Jahre in Kigali leben, eingeteilt und so blieb neben dem eher geringen Ansturm am Morgen Zeit, um sich auch mal mit Erwachsenen Deutschen auszutauschen. Nach der Schicht verteilten Janek und ich die letzten VEM-Kekse und dann ging es auch schon an den Abbau. Kurz vor dem einsetzenden Gewitter hatten wir alles wieder in Richards Auto verstaut und fuhren zurück nach Muhanga.
Ich hoffe, dass die Bilder einen passenden Eindruck vermitteln können und ihr euch ein bisschen die Atmosphäre vorstellen könnt. Ich habe das Wochenende auf jeden Fall sehr genossen und bin nun gespannt, auf die erste Vorweihnachtszeit „allein“ – ohne (lebendigen) Adventskalender und ohne Familie und Freunde zum Tee und Punsch trinken und Plätzchen essen.
Macht es alle gut und habt dann ab nächster Woche eine schöne und nicht zu stressige Vorweihnachtszeit!
Alles Liebe aus Ruanda,
Eure Hannah
3 Responses
Liebe Hannah,
vielen, vielen Dank für Deine tollen Berichte! Wie Du weißt, waren wir an Deinem Kigali Wochenende ja in Krefeld und hatten es wirklich auch sehr nett! Jetzt sitze ich gerade, ausgestattet mit einem Niedersachsen-Ticket, im Zug auf dem Weg nach Ham… *NÄCHSTER HALT IST BUCHHOLZ*… ähm, nach Hamburg: Dörthe und Wolfram besuchen und heute Abend singt der Chor das Verdi Requiem! Habe nun alle Deine „neuen“ Texte nachgelesen und bin schon gespannt, was es wohl an Infos von diesem Wochenende geben wird! Besonders schmunzeln musste ich über „rechtzeitig zum Sportstudio“… 😬 Du bist also über die endlich mal wieder spannende Bundesliga gut informiert! Bestimmt geht es ab dem kommenden Spieltag dann auch mit Bremen mal wieder bergauf… *diewenigenhaarerauf*… Hat eigentlich der Ulrik das Fernglas geschickt?? Ich denke immer an Dich und wünsche Dir weiterhin eine gute und erfahrungsreiche Zeit! Gaaaaanz viele liebe Grüße sendet
yours good old Jogi 🤓👋
Hi,
das klingt ja endlich nach ein paar sinnvollen und erfüllenden Aufgaben, die du machen durftest! Jetzt hast du es echt schon eine ganze Weile ausgehalten, in der englischsprachigen Welt unterwegs zu sein. Schön, dass du dich davon für einen Moment erholen und auftanken konntest. Bestimmt ist dein Englisch schon viel besser geworden!
Ich bin auch noch nicht in vorweihnachtlicher Stimmung, obwohl hier seit gestern der Weihnachtsmarkt auf hat und im Laden, in dem ich gerade arbeite, diverse Kleinigkeiten für Adventskalender gekauft werden.
Ich wünsche dir eine nicht all zu schweißtreibende Adventszeit und bin gespannt, was du vom ruandischen Weihnachtsfest erzählen wirst!
Ganz liebe Grüße,
Deine Katharina
Liebe Katharina,
Ja das Englischsprechen ist wirklich so eine Sache. Einserseits habe ich schon das Gefühl, dass ich im Alltagsenglisch sicherer geworden bin und auch noch die ein oder andere gute Vokabel dazugelernt habe. Andererseits glaube ich, dass ich hier schon einen ganz anderen Akzent bekommen habe. Ich strenge mich beim Sprechen nicht mehr so an, wie im Englischunterricht zum Beispiel, und spreche daher, glaube ich, ein ziemlich deutsches Englisch. Aber die Ruandesen und Ruandesinnen sprechen auch mit so einem extremen Akzent, dass ich da dann automatisch meine muttersprachliche Aussprache als „Gegenbewegung“ mit reinbringe. Aber so lange es mit der Verständigung klappt… 😉
Zum Glück hat es gestern ein wenig geregnet – da hatte ich schon ein mini bisschen vorweihnachtliches Gefühl. Und durch den Kontakt nach Hause, hoffe ich, dass ich wenigstens dadurch ein bisschen dabei sein kann. Das ist wirklich eine schwierige Zeit. Trink auf dem Weihnachtsmarkt einen Punsch für mich mit!
Ich denke an euch <3
Hannah