RDIS hat mehrere Projekte. Neben „CCER“ (Kochöfen und Keramiktrinkwasserfilter), „Solar Home Systems“ und „Waste Management“, habe ich in den letzten Wochen Einblicke, in das „CCT“ (Church and Community Transformation) Projekt bekommen. Hauptbestandteil sind Trainings, bei denen erklärt wird, wie das wenige Geld der Menschen am Besten investiert werden kann. Dazu werden in den Gemeinden „Self-Help-Groups“ formiert, die dann gemeinsam, nach und nach Geld investieren und so die Lebensstandards anheben.
Desiree sagt mir eine Woche vor so einem Training Bescheid, an welchen Tagen es stattfindet und dass wir dort übernachten. Das Projekt findet im Raum Huye statt, einer Stadt im Süden des Landes. Wir fahren dort ungefähr eineinhalb Stunden hin. Wir starten zwischen 7.30 Uhr und 9.00 Uhr im Büro, bei dem uns unser Fahrer, Celestin, abholt. Ich habe meinen Rucksack gepackt, während Desiree und Celestin nur eine Minitasche dabeihaben. Einen Kofferraum hat das Auto nicht, da es sich um einen Pickup handelt. Folglich verstauen wir das Material für das Training auf der Rückbank. Darunter Flipchartblätter, Flipchartmarker, Kreppband, Papierheftchen und Kulis, zum Mitschreiben für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen.
Wenn wir ankommen, geht es zunächst in ein Restaurant, in dem wir „frühstücken“. Ich habe natürlich „typisch deutsch“ schon zuhause meine Haferflocken mit Banane gegessen. Die erste Mahlzeit des Tages besteht für die Ruandesen und Ruandesinnen aus einer Suppe – entweder eine Brühe mit Fleisch und Kochbananen, oder einer täglich variierenden Variante, wie Gemüse, Fisch oder Champignon. Ich esse immer eine der letzten, dazu gibt es ruandisches Brot, was mich stark an Milchhörnchen erinnert. Brot esse ich im Alltag nur selbstgebackenes, da die „Milchhörnchenbrote“ nur in großen Paketen verkauft werden. Die Menschen leben hier in keiner Zeit des Lebens allein, daher macht es wenig Sinn, die Brote einzeln zu verkaufen. Zum Frühstück wird Tee getrunken, der hier immer mit viel Zucker, der schon reingemischt ist, serviert wird. Die meisten bestellen den Tee mit viel Milch und niemand versteht, dass ich den Ingwertee lieber ganz ohne Milch und ganz ohne Zucker trinke. Der fetzt mir dann zwar fast den Rachen weg, aber ich fühle mich gestärkt für den Tag!
Bevor wir in die Kapelle fahren, in der das Training abgehalten wird, sammeln wir unsere Kollegen von RDIS ein, die in Huye ein kleines Büro haben, eine Art Zweigstelle. Manchmal müssen wir uns dann zu viert auf die Rückbank des Pickups quetschen. Hinten sind in den Autos hier aber sowieso selten Anschnallgurte vorhanden.
Dann geht es los – ab ins Dorf! Der Weg ist sehr spannend und ich genieße es, die Landschaften an mir vorbeirauschen zu sehen. Fast überall stehen kleine Häuser – Ruanda ist doppelt so dicht besiedelt wie Deutschland. Ich bin beeindruckt, von den Menschen, die an uns vorbeilaufen und dessen Leben darauf beruht, den ganzen Tag dafür zu sorgen, etwas essen und trinken zu können. Das klingt klischeemäßig – aber ich mache mir während der Zeit im Auto häufig Gedanken über das Leben im Allgemeinen und den Sinn im Speziellen. Dazu kommen mir die Impulse, wenn ich aus dem Fenster schaue, gerade recht. Die Fahrten dauern zwischen 10 und 50 Minuten und es ist immer eine große Überraschung zu sehen, wo der Wagen hält.
An der Kapelle warten zwischen 20 und ca. 100 Menschen, die mit uns reingehen und auf Holzbänken oder Plastikstühlen Platz nehmen. Dann stellen wir, von RDIS, uns vor. Dabei kann ich meine Kinyarwandabrocken einbringen: „Nitwa Hannah, ndi Umudagekazi, ndi Umukorerabushake wa RDIS.“ (Ich heiße Hannah, ich bin Deutsche, ich bin Freiwillige bei RDIS.) Da freuen sich alle drüber und applaudieren. Ich hänge ein Flipchartpapier an die Wand und meine Kollegen beginnen, über die Arbeit von RDIS zu reden, bevor sie genauer ins Detail gehen und spezifischer erklären, was die Menschen tun und ändern können.
Das findet alles auf Kinyarwanda statt, da nur wenige der Teilnehmer und Teilnehmerinnen Französisch oder Englisch sprechen. Die Secondaryschool ist in Ruanda nämlich sehr kostspielig – 300 Euro gehen dafür im Jahr pro Person umgerechnet drauf, man beachte dabei außerdem die sehr viel geringere Kaufkraft. Außerdem haben die Familien hier in den meisten Fällen viel mehr Kinder, als das in deutschen Familien der Fall ist, für das jeweils das Schulgeld aufgebracht werden müsste. Da wir jedoch immer mit mehreren Kollegen unterwegs sind, ist meist eine Person dabei, die mir etwas übersetzen kann, von dem, was der und die Präsentierende gerade erläutert.
Es ist auch immer eine Überraschung, wann das Training vorbei ist. Plötzlich wird mir gesagt: „Hannah, wir fahren, nimm die Sachen und wir gehen zum Auto.“ Dann nehme ich das Flipchart ab, klemme es mit den dicken Filzstiften und Kreppband unter meinen Arm, nicke der Gruppe nochmal zu, wünsche „Umunsi mwiza“ (einen schönen Tag) und gehe zum Auto. Dort müssen wir dann meistens doch nochmal ein paar Minuten (bis zu einer Stunde) warten – auf eine Kollegin, die sich verquatscht hat, oder auf was auch immer… – dann machen wir uns auf den Weg zurück nach Huye. Zurück in unserem „Stammlokal“, essen wir am Buffet und trinken eine Fanta, bevor wir in das Gästehaus der Anglikanischen Kirche in Huye fahren und dort gegen 18.00 Uhr unsere Einzelzimmer beziehen. Eine Übernachtung kostet umgerechnet 10 Euro, die von den Sponsoren des CCT Projektes, tearfund, getragen wird, ebenso wie das Essen, die Fahrt und weitere Kosten.
Die Zimmer sind nicht besonders außergewöhnlich, ein Tisch, ein Stuhl, ein Bett mit Moskitonetz und ein Nachtschränkchen, sowie ein Bad mit Dusche. Meistens falle ich an diesen Abenden recht schnell, erschöpft ins Bett, da die Tage doch nochmal viel anstrengender sind, als „Tage zuhause im Büro“. Am nächsten Morgen geht es zwischen sieben und acht wieder zum Frühstück ins Restaurant, dann weiter zum nächsten Training und danach wieder ins Restaurant, bevor wir uns auf den Rückweg nach Muhanga machen.
Auch wenn ich inhaltlich nicht besonders viel aus den Trainings mitnehme, machen mir die Tage Spaß. Ich sehe viel von Land und Leuten und kann nachdenken. Auch wenn ich die Trainings ein wenig problematisch sehe. Ich komme mir ein bisschen blöd dabei vor, mit unserem Auto vorgefahren zu werden und dann der Bevölkerung „etwas davon zu erzählen, wie sie mit ihrer Armut umzugehen hat“. Dann kommen wir da als „Mitglieder der oberen Mittelschicht Ruandas“, würde ich es nennen, und meinen, die Menschen belehren zu können. Und nach zwei, drei Stunden werden wir wieder in unseren Luxus kutschiert und fahren auf dem Weg noch winkend an den Teilnehmern und Teilnehmerinnen vorbei, die zu Fuß nach Hause gehen. Natürlich ist es eine schöne Idee, den Menschen helfen zu wollen und Projekte wie eine Self-Help-group umzusetzen – irgendwo muss man ja anfangen. Über die Art und Weise mache ich mir jedoch häufig Gedanken.
Ich hoffe, dass euch ein Einblick in ein Training von RDIS gefallen hat und freue mich über Anmerkungen, Kommentare und Fragen.
Das wird vermutlich mein letzter Beitrag bis Weihnachten sein und ich freue mich schon darauf, euch in den nächsten Wochen von meinem Weihnachten in Ruanda zu berichten.
Habt wunderbare, besinnliche und gemütliche Weihnachtstage – ich denke an Euch <3
Bis bald, eure Hannah in Ruanda
One Responses
Liebe Hannah,
mit Interesse habe ich deinen letzten Eintrag gelesen. Schade, dass du über Weihnachten nicht nach Hause
kommen kannst. Du hast sicher Heimweh.
Ich wünsche dir aber trotzdem viele tolle Eindrücke und bin gespannt auf deinen Bericht über Weihnachten in
Ruanda.
Alle guten Wünsche begleiten dich für die Festtage und das neue Jahr.
Grüße aus der Heimat.
Dagmar Monka