Ein Aspekt, der mich in den letzten Monaten sehr zum Denken angeregt hat, ist es Tourismus von einer anderen Seite mitbekommen zu haben.
Stonetown ist nicht so sehr groß. Zu Stonetown gehören verschiedene Stadtteile. Besonders sind für mich die kleinen Gassen.
Das scheint auch viele anderen Menschen anzuziehen. So kommen einige Tourist*innen nach Stonetown. Viele kommen hier mit dem Flugzeug oder der Fähre an und fahren dann weiter an einen anderen Ort der Insel mit einem schönen, großen Strand. Für viele ist Sansibar außerdem das Ende einer 2 wöchigen Reise, die mit einer Safari auf dem Festland begonnen hat.
Stonetown ist voll mit Shops in denen man Souveniers und „typisch afrikanisches“ kaufen kann. Auch viele Hotels und Restaurants sind dort zu finden. Viele Menschen arbeiten in diesen Shops, Restaurants und Hotels oder als Guides für Touren.
In verschiedenen Situationen habe ich wahrgenommen, dass der Ort für Tourist*innen zu einem besonderen gemacht wird. Es gibt sogar extra ein Lied, was in ganz Tanzania für Tourist*innen auf Touren oder an besonderen Orten gesungen wird: „Jambo, jambo Bwana. Habari gani? Nzuri sana. Wageni wakaribishwa. (ein lokal angepasser Satz, z.B. Zanzibar yetu) Hakuna matata.“ Übersetzen würde ich es ca „Wie geht’s? Wir geht es dir? Sehr gut. Gäste sind herzlich willkommen. Unser Sansibar. Es gibt keine Probleme.“.
Weiter ist mir aufgefallen, dass manchmal andere Regeln für Tourist*innen gelten. Sie dürfen sich mehr erlauben oder sie bekommen einen anderen Service geboten. Als ich einmal am Strand war, wurden Kinder extra weggeschickt woanders zu spielen, damit wir uns besser entspannen können. Menschen betteln eher bei Tanzanier*innen und nicht so sehr bei Tourist*innen. Man bekommt super Spots zum Fotos machen geboten – weiße Strände, türkisenes Wasser, Delfine („typisch tanzanisch“… zumindest im Tourismus auf Sansibar). Es gibt viele Guards, die für Sicherheit sorgen. In der Stadt sind überall Überwachungskameras verteilt. Man kann nicht verloren gehen, weil alle bemüht sind zu helfen, einen ansprechen bzw sogar zu dem gesuchten Ort bringen. Alle bemühen sich darum einen guten Ort für Tourismus zu schaffen. Dies ist gleichzeitig auch die wichtigste Einnahmequelle für die Insel sowie die Privatpersonen.
Einige Situationen fallen mir ein, die ich kritisch sehe. Zum Beispiel kommt es immer wieder vor, dass Tourist*innen Kindern Geschenke machen oder ihnen Geld gehen, damit sie Fotos machen dürfen. Das wiederum führt dazu, dass Kinder nun immer mal wieder direkt nach Geld und Süßigkeiten fragen – so haben sie es gelernt. Tourist*innen machen Fotos von Menschen auf der Straße oder im Upendo Workshop, was für mich manchmal wie eine Zoobesichtigung scheint. Viele Hotels und Restaurants werden von Weißen besessen. Manchmal laufen Tourist*innen an einem sehr muslimisch geprägten Ort nur mit Bikini oder bauchfrei oder sonst sehr freizügig durch die Stadt. Für manche Familien herrscht eine starke 2-Klassen-Gesellschaft: das luxuriöse Leben der Tourist*innen und der häusliche Alltag der Tanzanier*innen. Vielleicht lässt das Leben im Urlaub auf das Leben zu Hause schließen, welches ja meistens nicht zu vergleichen ist. Diese Liste ist sicherlich noch zu ergänzen.
Ich habe in den letzten Monaten sehr viel über Tourismus nachgedacht. Ist Tourismus nun eine gute Möglichkeit Tanzania und die Menschen finanziell zu unterstützen? Wird dadurch Unabhängikeit und ein verbesserter Lebensstandard gefördert? Oder unterstützt es Rassismus, eine Abhängigkeit und eine „2-Klassen-Gesellschaft“? Und wer profitiert durch Tourismus eigentlich wirklich? Ich habe keine Antwort. Und gleichzeitig finde ich dieses Thema super spannend und würde gern andere Sichtweisen, Argumente und Ideen hören und weiter drüber nachdenken.
Mich hat dieser Einblick jedenfalls dazu gebracht mich bei kommenden Reisen mehr damit zu beschäftigen welche kulturellen Regeln und Normen es gibt und diesen respektvoll zu begegnen.
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