Unabhängigkeit

Vorletztes Wochenende war hier „Independence Holiday“, das bedeutete, dass alle Leute freitags früh bei der Arbeit Schluss machten und sich einige von ihnen über das lange Wochenende bis Dienstag in ihre Heimatdörfer aufmachten. Am Montag, dem 30.09. war nämlich Unabhängigkeitstag!
Ich habe den PreIndependence-Abend mit einigen Leuten aus der Jugend verbracht und mir das riesige Feuerwerk im Stadion angeschaut.
Am Unabhängigkeitstag selbst habe ich ausgeschlafen und dann mit meiner Gastmama im Schlafanzug auf der Couch die Zeremonie im Stadion über den Fernseher verfolgt, bevor wir in ein etwas entferntes Dorf gefahren sind, um uns dort die Feier anzuschauen. Entgegen meiner Befürchtungen, dass es ein langes und vorallem langweiliges Wochenende werden würde hatte, ich doch sehr viel Spaß und habe es genossen, einen Einblick zu bekommen, wie stolz die Menschen aus Botswana ihre Unabhängigkeit feiern.

 

Das Thema Unabhängigkeit hat mich aber auch ganz abgesehen, von den Feierlichkeiten hier im Land, über meine eigene derzeitige Situation nachdenken lassen.

Was mir hier nämlich in den letzten Wochen total gefehlt hat, ist meine eigene Unabhängigkeit. In Deutschland hatte ich ein eigenes Auto, habe zwar noch bei meinen Eltern gelebt, konnte meinen Tag, meine Abende und meine Nächte aber immer ganz nach meinem eigenen Geschmack gestalten. Wenn ich mich spontan mit einer Freundin treffen wollte, haben wir abgemacht wo wir uns treffen und ich bin mal eben hingefahren. Wenn ich abends noch mit Freunden einen weiteren Film gucken wollte, konnte ich das ganz entspannt bis in die Nacht tun und dann selbst entscheiden, ob ich noch lieber zum eigenen Bett fahre oder vorlieb mit der Couch nehme. Gerade diese Spontanität und Unabhängigkeit hat meinen Lebensstil stark geprägt und ich habe das immer sehr genossen.

Hier ist es leider ganz anders. In den ersten Wochen, in denen ich noch im Woodpecker gelebt habe, war ich komplett angewiesen, auf die Leute vor Ort. Mein Arbeitsalltag, meine Mahlzeiten und „Ausflüge“ in die Stadt hingen alle von ihnen ab.

Seit ich in die Stadt gezogen bin, habe ich ein bisschen meiner Unabhängigkeit zurückbekommen. Bei meiner Gastmama kann ich mich frei bewegen, mich am Kühlschrank bedienen und nach der Arbeit machen worauf ich Lust habe. Bisher aber alles eher innerhalb des Hauses. Denn auch meine Gastmama wohnt nicht direkt in der Stadt, sondern in einem großen Dorf, dass direkt an Gaborone angrenzt. Morgens kann es gut eine Stunde dauern, bis ich bei der Arbeit bin und die ersten Tage war ich auch hier darauf angewiesen, dass mich meine Gastmutter zur Arbeit und mein Chef wieder zurück zu ihr fuhr.

Combis

Eine Sache, die mich aber wieder unabhängiger macht, sind die Combis. Das sind Kleinbusse, die im Linienverkehr als öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden. Seitdem ich gelernt habe die Combis zu benutzen, fühle ich mich wieder etwas freier. Ich kann alleine zur Arbeit und zurückfahren, einen Abstecher in die nächste Shopping-Mall machen oder einfach mal das Stück bis zur nächsten großen Busstation zu Fuß laufen und die Umgebung genießen. Gerade an den ersten Tagen mit den Combis, habe ich das total genossen.

Combi-Stop

Leider kenne ich noch immer bei weitem nicht alle Routen und auch eigentlich nur den Weg zur Arbeit und zurück. Aber mit der Zeit werde ich die Stadt hoffentlich immer weiter erkunden können.
Abends ist es nicht so sicher mit den Combis zu fahren, da die Wahrscheinlichkeit ausgeraubt zu werden höher ist und sie auch zu keinen festen Zeiten und ab Einbruch der Dunkelheit nur noch unregelmäßig fahren. Daher bin ich bei Plänen, die bis in die Abendstunden gehen immer noch darauf angewiesen, dass sich jemand findet, der mich nach Hause bringt oder zu der geplanten Aktion von dort abholt. Häufig werden auch Pläne von anderen für mich geschmiedet und ich muss diesen dann folgen. Das ist zwar immer lieb gemeint, aber ich würde doch manchmal gerne etwas mehr Mitsprache haben, da ich oft nicht weiß, was gerade passiert und für mich geplant wird.

Sich so sehr auf andere zu verlassen und auf sie angewiesen zu sein, ist gar nicht mal so leicht und sehr ungewohnt für mich. Ich denke aber, dass mir das bald leichter fallen wird und ich auch Schritt für Schritt immer mehr Unabhängigkeit auch hier in Botswana gewinnen werde.

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